UX-Fails, die die Welt verändert haben – und was wir daraus lernen können

Wir reden im UX-Design oft über Best Practices, Erfolgsgeschichten und glänzende Interfaces. Doch mindestens genauso spannend – und mindestens genauso lehrreich – sind die Momente, in denen Design versagt. Manche UX-Fehler sind nur ärgerlich, andere kosten Geld oder Reputation. Und dann gibt es jene, die Geschichte geschrieben haben.

Dieser Beitrag zeigt, wie UX-Fails die reale Welt beeinflusst haben – und warum schlechte Benutzererfahrung mehr ist als nur ein kleines Ärgernis im Alltag.

Digitalagentur | Expertin für UX | Marta
Marta Del Re  |  2.12.2025
Team im Büro, mehrere Personen wirken gestresst vor ihren Monitoren, während zwei Kolleg*innen im Hintergrund diskutieren.

Der NASA-Marsklimaorbiter – wenn zwei Einheiten ein ganzes Projekt zerstören

1999 verlor die NASA eine 125 Millionen Dollar teure Raumsonde.

Der Grund? Inkonsequente Maßeinheiten in einem Interface.

Ein Team nutzte imperial, das andere metrisch. Die Software zeigte Werte korrekt an – aber niemand konnte aus der Oberfläche ausreichend klar erkennen, welche Einheit gemeint war. Ein klassischer UX-Fehler: Ein Interface, das etwas darstellt, ohne den Kontext mitzutransportieren.

Lesson learned:

  • Informationen ohne Kontext sind gefährlich.

  • Konsistenz und klare Beschriftung sind in kritischen Systemen überlebenswichtig.

Das „London Ambulance System“ – UX, die Menschenleben kostet

1992 versuchte London, ein computergestütztes System zur Koordination von Krankenwagen einzuführen. Das Interface war überlastet, unverständlich und verlangsamte Eingaben. Die Folge: bisherige Notfallprozesse kollabierten.

Mehrere Menschen starben, weil Rettungskräfte zu spät kamen.

Der Downtime-Report zeigte später:

Es war nicht ein einzelner technischer Fehler – es war eine summe aus UI-Überlastung, fehlender Fehlermeldungslogik und unklarem Workflow.

Lesson learned:

  • UX ist Teil des Sicherheitsnetzes im öffentlichen Dienst.

  • Ein schlechtes Interface kann reale Menschenleben kosten.

Wahlzettel in Florida 2000 – UX als politischer Gamechanger

Der berühmte „Butterfly Ballot“ zur US-Präsidentschaftswahl 2000 war ein Paradebeispiel für schlechtes Informationsdesign.

Der Stimmzettel war so verwirrend gelayoutet, dass viele Menschen versehentlich den falschen Kandidaten ankreuzten.

Das Ergebnis war ein politischer Ausnahmezustand – und letztlich entschied eine Handvoll Stimmen die Wahl.

Lesson learned:

  • Interfaces müssen für alle funktionieren – nicht nur für Designexperten.

  • Wenn Entscheidungen wichtig sind, muss das Design absolut eindeutig sein.

Foto eines zweispaltigen Butterfly-Wahlzettels aus Florida 2000 mit versetzten Kandidaten und Pfeilen.

Der „Oops“-Button im Gmail-Skandal

2016 führte Google einen „Mic Drop“-Button in Gmail ein – direkt neben dem üblichen „Senden“-Button.

Wer versehentlich darauf klickte, verschickte eine Mail inklusive eines GIFs von Minions, die ein Mikrofon fallenlassen. Gleichzeitig wurde der gesamte Thread für den Absender stummgeschaltet.

Das führte zu:

– verloren gegangenen Jobbewerbungen

– peinlichen Situationen

– extrem frustrierten Nutzern

Google nahm das Feature innerhalb eines Tages offline.

Lesson learned:

  • Prägnanz ist gut – aber neben kritischen Funktionen ist sie gefährlich.

  • Humor ist kein Ersatz für klaren Nutzen.

Gmail-Interface mit neuem 'Mic Drop'-Button neben Senden und Popup mit Minion-GIF als Feature-Erklärung.

Medizinische Geräte: Wenn schlechte UI Patienten gefährdet

Mehrere Studien zeigen, dass komplexe Menüstrukturen und schlecht gestaltete Displays in Infusionspumpen oder Bestrahlungsgeräten in Krankenhäusern zu Fehlbedienungen geführt haben.

Z. B. kam es mehrfach zu Überdosierungen, weil Werte zwar eingegeben wurden, aber nicht klar sichtbar bestätigt wurden.

Lesson learned:

  • UX-Design ist Verantwortung.

  • In kritischen Kontexten gilt: „Fehlervermeidung > Geschwindigkeit“.

Warum wir diese UX-Fails brauchen

Auch wenn diese Beispiele dramatisch erscheinen – sie bieten eine wertvolle Perspektive:

Design ist keine Kosmetik. Design ist Entscheidungsarchitektur.

UX kann Katastrophen verhindern, aber auch Katastrophen verursachen.

Was diese Fälle gemeinsam haben:

  • Schlechte UX bleibt nie folgenlos.

  • Winzige Details können enorme Auswirkungen haben.

  • Menschen treffen Entscheidungen basierend auf dem, was sie sehen.

Das Fazit: UX ist ein stiller Machtfaktor

Ob Raumfahrt, Politik, Medizin oder Alltagskommunikation – UX-Design formt, wie wir interagieren, entscheiden und handeln. Die größten UX-Fails der Geschichte zeigen nicht nur, wie sehr Menschen vom Design geleitet werden, sondern auch:

  • Gutes UX-Design ist nicht optional. Es ist Infrastruktur.

  • Schlechtes UX-Design ist ein Risiko.

Oder anders gesagt:

Wir können es uns schlicht nicht leisten, UX als „nice to have“ zu sehen.

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